Aristoteles:
Die "Form Mensch" ist nur die Summe gemeinsamer Eigenschaften. Die Idee steht nicht über dem Menschen an sich.
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Dieser Satz ergibt nur einen Sinn, wenn man vorher über Platon gelesen hat. In dieser Hinsicht stellt sich Aristoteles nämlich völlig gegen seinen Lehrer Platon!
Meine Gedanken dazu:
Er hat den Mut, sich in die Rolle der Gefangenen im platonischen Höhlengleichnis zu begeben und von dort aus die Welt mit wissenschaftlichen Methoden zu erklären. Auf ihn muss man unsere heutige wissenschaftliche Methodik, Systematik und Fachsprache zurückführen. Während Platon die durch Nachdenken und Vernunft gewonnenen Erkenntnisse über die Wahrnehmung stellte, da diese täuschen kann, versuchte Aristoteles, die Wahrheit durch wissenschaftlich systematisches Arbeiten zu erkennen. Im Gegensatz zu Platon stellt er die möglichst objektive Wahrnehmung vor Denken und Vernunft, die uns durchaus auch in die Irre führen können.
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Die systematische Einteilung der Tiere
und Pflanzen in eine hierarchische
biologische Systematik geht letztendlich
auf Aristoteles zurück. In den mehr als
2000 Jahren haben die Menschen
diese Einteilung natürlich verfeinert
und ausgebaut. Heute ist die
wissenschaftliche Systematik so detailiert,
dass der Laie die Übersicht verliert:
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Unterart
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Hausrind
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Art
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Auerochse (Bos primigenius)
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Gattung
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Eigentliche Rinder (Bos)
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Unterfamilie
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Hornträger (Bovidae)
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Unterordnung
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Wiederkäuer (Ruminantia)
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Klasse
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Säugetiere (Mammalia)
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Reihe
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Landwirbeltiere (Tetrapoda)
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Stamm
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Wirbeltiere (Vertebrata)
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So wie Sokrates die Philosophie auf die Erde geholt hat, so hat Aristoteles die Philosophie mit etwas verbunden, das wir heute Naturwissenschaft nennen. Wir betrachten das als selbstverständlich, aber hinterher glaubt man immer, alles schon vorher gewusst zu haben.
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In seiner materialistischen Bewegungslehre erforscht Aristoteles die Ursachen von Veränderungen. Mit unserem heutigen modernen Wissen müsste man das Wachsen eines Baumes so ausdrücken:
Materialursache
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Borke, Bast, Wachstumsschicht, Lignin, Splintholz, Kernholz, Wasser, Nährstoffe
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Formursache
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DNA
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Wirk- oder Bewegungsursache
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Chemische, physikalische und biologische Gesetze
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Ziel- oder Zweckursache
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Erhaltung des Lebens und Fortpflanzung
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Aristoteles konnte vieles davon noch nicht wissen, aber die Systematik ist genial. Heute kommt uns das trivial vor, aber vor über 2000 Jahren war diese Art des Denkens revolutionär. Wenn es regnet würde das alte Denken sagen: »Es regnet, weil die Erde und die Pflanzen Wasser brauchen.« In der neuen wissenschaftlichen Denkweise würde man sagen: »Es regnet, weil die Luft die hohe Luftfeuchtigkeit nicht mehr halten kann.« Viele seiner Erkenntnisse sind noch unvollständig. Die Herangehensweise war ja auch völlig neu. Aber die Art der Denkweise hat ihn praktisch zum ersten Wissenschaftler gemacht. Damit hat er die Entwicklung der Forschung bis in unsere Zeit entscheidend beeinflusst.
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Es gibt vier Elemente mit vier Eigenschaften:
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Feuer - Erde
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trocken
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Feuer - Luft
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heiß
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Luft - Wasser
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nass
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Erde - Wasser
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kalt
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Während Demokrit schon sehr verschiedenartige Atome als die Elemente der Welt definierte, fällt Aristoteles hier wieder zurück auf die sehr einfache Vier-Elemente-Lehre von Empedokles. Diese hat er etwas ausgebaut und sie passte gut in seine Einteilung in systematische Kategorien.
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Es gibt drei verschiedene Lebensformen mit drei verschiedenen Zielen:
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Genussleben
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Lust
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Politisches Leben
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Ehre
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Theoretisches Leben
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Erkenntnis
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Ich fürchte, da hat er die Vielfältigkeit des menschlichen Lebens doch etwas unterschätzt. Vereinfachungen und das Pressen in Kategorien sind nicht immer vorteilhaft. Sie bieten zwar oft mehr Übersicht, können aber auch zu oberflächlichen Vorurteilen führen.
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Der Staat kümmere sich um das höchste Gut seiner Bürger: Das Glück! Er erlasse eine ethische Verfassung, die diesem Ziel folgt.
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Wunderbar! Das sollten unsere Politiker vielleicht auch mal lesen. Aber so leicht ist das eben nicht, selbst bei noch so viel gutem Willen. »Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst die niemand kann!« Das Streben nach persönlichem Glück des einen konkurriert eben oft mit dem der anderen. Die Menschheit hat schon viele Wirtschaftsformen ausprobiert. Weiter als bis zur zweitbesten sind wir nicht gekommen. Was die Gesellschaftsfrom angeht, betrachtet Aristoteles die Demokratie als "weniger schlecht" als Monarchie (Diktatur) und Aristokratie. Als Grundlage jeder Gesellschaftsform sieht er jedoch eine menschlich gute und praktikable Verfassung.
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Aristoteles und Alexander der Große
Im Jahr 347 vor Christus, nach dem Tod des Platon, verließ Aristoteles Athen und wurde 343 der Lehrer des 28 Jahre jüngeren Alexander, des Sohns von König Philipp II. von Makedonien und der Königin Olympias von Epirus, und sollte ihn in Philosophie, Kunst und Mathematik unterrichten. Alexander war damals 13 Jahre alt und sollte später als Alexander der Große weltberühmt werden. Inwieweit sich beide gegenseitig beeinflusst haben, darüber findet man widersprüchliche Informationen, jedenfalls haben sich beide intensiv mit der Ilias von Homer befasst und der griechische Heros Achilles (Achilleus) aus der Ilias wurde zeitlebens das Vorbild von Alexander dem Großen.
Viele Berichte über Alexander aus dieser Zeit sind legendenhaft mystisch erzählt. So führt der Geschichtsschreiber Plutarch seine Abstammung väterlicherseits auf Herakles zurück und seine Mutter behauptete, von dem griechischen Heros Achilles selbst abzustammen. Ein Seher prophezeite angeblich König Philipp und Königin Olympias, dass ihnen ein Löwe geboren wird.
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Für meine Texte: © 2017 by Erwin Purucker
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